Thursday, November 29, 2012

Es gab da mal einen "Engel" für den ich mit 19 noch nicht reif genug war

Wenn man mal davon ausgeht, dass wir anderen Menschen aus einen
bestimmten Grund begegnen (z.B. um etwas über uns zu lernen, um eine
Erfahrung zu machen, die uns wachsen lässt, die uns aufzeigt, wie wir
wirklich sind, die etwas Verborgenes oder Unterdrücktes an die Oberfläche befördern
möchte) und dass uns Geschehnisse aus dem selben Grund widerfahren, dann
könnte ich eine Begegnung mit einer fast gleichaltrigen Frau als ich
19 war als einen Wink mit dem Zaunpfahl sehen, dass die Menschen um mich
herum sich meiner Andersartigkeit mehr als bewusst sind und manche von
ihnen annahmen, dass ich es selbst noch nicht weiß oder aber, dass sie mein
Schrankdasein für mich beenden wollten.

Als ich "Engel" (Anspielung auf ihren Vornamen, ja unfassbare Zufälle gibt's die gibt's gar nicht - mir musste wohl tatsächlich jemand mit einem solchen Vornamen und
dazu noch mit einem cherubhaften äußeren Erscheinungsbild
begegnen, auch wenn ich an Engel nicht glaube, damit mir klar wurde,
dass ich keinem und nicht mal mir selbst etwas vormachen kann, wenn es um meine
sexuelle Orientierung geht). Ich fragte mich doch tatsächlich damals "how did she
know I'm gay
" [ich war damals zumindest verbal nicht out, aber offensichtlich
ließ meine Erscheinung keinen Zweifel], als sie
bei der Orientierungsveranstaltung (eine Woche vorm Vorlesungsanfang) direkt
auf mich zusteuerte und sich neben mich setzte, obwohl ringsrum noch hunderte
freie Plätze in der Aula waren und mich nach einer kurzen Unterhaltung fragte,
ob ich mit ihr ausgehen würde und nicht locker ließ.

Ich rang mit mir und ich kämpfte damals mit mir. Ich ging nie mit ihr aus. Habe ich
das bedauert? Ja. Kann man so etwas ändern? Nein, die Zeit lässt sich nicht
zurückdrehen. Was geschehen ist, ist geschehen, aber man kann daraus lernen.

Als sie mich mal zufällig wiedertraf, nachdem wir uns fast ein Jahr lang
nicht gesehen hatten und ich wieder alles andere [konkret: einige
Bücher kopieren, die ich für die Vorbereitung eines Referats benötigte] wichtiger fand (oder besser
gesagt so tat) als mich zu ihr umzudrehen, das Kopieren sein zu lassen und mit
ihr etwas zu unternehmen (sie hatte mich erneut gefragt, ob ich Lust hätte). sagte
sie mir enttäuscht "es reicht wohl, wenn wir uns ein Mal im Jahr sehen". Ich habe
daraufhin nichts erwidert, zumindest nickte ich nicht, mit dem Kopf
geschüttelt [zur Verneinung] habe ich aber auch nicht, ich war wie
paralysiert, ich hatte einen Menschen, ohne es zu wollen, zurückgewiesen und
verletzt, obwohl ich es nicht wollte [weil ich mich damals noch
nicht selbst hundertprozentig akzeptieren konnte], ich konnte sie nur um Verständnis bittend anschauen. Sie gab auf, wandte sich von mir ab und ging. Ich sah sie nie wieder.

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